Auf der Startseite habe ich alles noch ein wenig wage gelassen – weil ich tatsächlich noch nicht so richtig weiß, wo die Reise (oder der Ritt auf dem Besen) so hingeht.

Ich habe schon oft geblogt, ob für meinen Etsyshop oder dann auch mal über Vintagestyling. Und eigentlich habe ich das aus Zeitgründen alles wieder sein lassen. Und ich frage mich auch jetzt, ob die Welt noch einen Blog braucht- und ich glaube (hoffe) ja.

Wie kam es dazu. Nun, im Gesangunterricht habe ich das Stück „A Living Prayer“ bekannt durch Alison Krauss gesungen. Dieses Lied hat mir sehr aus dem Herzen gesprochen, denn seit meiner Kindheit bin ich schon der Überzeugung, dass Beten nichts bringt, wenn man danach nicht entsprechend sein Leben gestaltet. Nun stellte mir meine Gesanglehrerin die Frage „Bist Du religiös?“

Vielleicht ersetze ich das nochmal durch ein Cover des Liedes von mir 😉

Nein, nicht religiös- jedoch gläubig. Magie und ein ganz bestimmtes Wissen, dass ich nicht in diesem Leben erworben habe, begleiten mich schon mein ganzes Leben. Wer nun denkt „Na toll, noch so eine Esoterik- Tante“ – ja, mein Verstand hat sich das oft gefragt, ob ich in die Esoterik abdrifte. Ich will im Folgenden kurz erklären, wieso das nicht der Fall ist.

Mein ganzes Leben fühle ich mich schon wie ein Beobachter. Selbst wenn ich Teil einer Gruppe bin, gehöre ich nie ganz dazu. Ich habe Erinnerung an meine frühste Kindheit- z.B. meine frühste Erinnerung ist an einen Urlaub in Ostfriesland, als ich 1,5 Jahre war. Mit etwa 6 Jahren fragte ich meine Eltern, ob wir nicht nochmal dahin fahren könnten – gefolgt von einer detailgetreuen Beschreibung der Ferienwohnung, die, so erklärten es sich meine Eltern, von einem Foto stammen würde, da ich mich ja unmöglich erinnern könnte.

Ich war schon immer ein introvertierter Mensch, in Gruppen, aber selbst in einer Freundschaft fällt es mir oft sehr schwer, alle meine Gedanken zu einem Thema überhaupt platzieren zu können. Meist werde ich jedoch intuitiv um Rat gefragt, wenn Freunde Liebeskummer haben – und vergessen, wenn er vorbei ist. Das ist o.k. – manchmal fühle ich mich wie eine Mary Poppins in Liebesdingen (wer hat als Kind auch immer geweint, wenn Mary melancholisch der Banks Familie hinterher sieht und begreift, dass es Zeit für sie ist, weiterzugehen, da sie nicht mehr gebraucht wird?)*

That’s the real magic, helping other people.

Cassie Nightingale, „The Good Witch“

Meine Mutter war sehr christlich und erzählte mir viel vom lieben Gott – der eigentlich den ganzen Tag wegen Kleinigkeiten auf mich böse war. Irgendwie begriff ich sowieso recht früh, dass die Bibel ein Buch zwar von Gott handelt, aber von Menschen für Menschen geschrieben wurde. Daher war es für mich nicht von der Allgemeingültigkeit mit der heute Menschen einzelne Passagen daraus zitieren, um das Leben anderer in Frage zu stellen. Grundsätzlich gefällt mir das Konzept der Nächstenliebe, offenbar hat es aber noch nicht der letzte verstanden.

Ich habe immer an das Göttliche geglaubt – für mich war es aber immer größer als ein einzelnes Bildnis einer einzelnen Gottheit. Für mich war das Göttliche das Universum- mit all den Erklärungen der Wissenschaft und all den Mysterien, die die Wissenschaft (noch) nicht erklären kann. Alle Gottheiten sind wie kleine Mosaiksteine in diesem großen Ganzen – sie zeigen einen Teilaspekt einer großen Kraft, die wir nie ganz erfassen können – im Gegenteil, wir sind auch kleine Mosaiksteine des großen Ganzen.

Photo by Hanny Naibaho on Unsplash

Mit 11 Jahren baute ich mir meinen ersten Altar im Zimmer. Als Kraftort, als Rückzugsort, wenn mich die Welt wieder überfordert. Zunächst mit christlichen Symbolen, da meine Familie sehr christlich geprägt war – bis heute bin ich selbst noch ein Mitglied der Gemeinde hier im Ort und habe auch meine Kinder bewusst taufen lassen. Ich begreife die Gemeinde als Institution des Miteinander hier vor Ort.

Kurz vor meiner Konfirmation wurde mein Bruder Buddhist. Meine Mutter war am Boden zerstört und konnte das nicht verstehen. Grundsätzlich habe ich gespürt, wieviel Kraft meine Eltern für die Probleme meiner deutlich älteren Brüder aufbringen müssen und war daher ein sehr ruhiges, „erwachsenes“ Kind. Ich wusste, welche Ansichten ich einfach lieber für mich behalten, um meine Mutter nicht zusätzlich zu beunruhigen. Parallel erfuhr ich durch meinen Bruder sehr viel über den Buddhismus, ging auch selbst einige Male ins Buddhistische Kloster, um mehr zu erfahren und dort auch selbst zu meditieren. Noch heute ziert ein kleiner Buddha, den mein Bruder mir schenkte, meinen Altar.

Meine Buddha Figur

Was ich nicht verstand, war, dass mein Bruder den Finger noch so in die Wunde legen musste – er ging zwar Weihnachten mit in die Kirche und sang inbrünstig „Oh Du Fröhliche mit“, ließ aber dann das Wort „Christenheit“ demonstrativ aus. Ich war schon immer der Meinung „When you’re in Rome, do as the Romans do“ – bis heute spreche ich das „Vater unser“ aus Respekt mit, wenn ich einen christlichen Gottesdienst besuche. Ich fand einfach, dass mein Bruder sich wie ein Teenie benimmt, um gegen meine Mutter zu rebellieren – immerhin war ich der Teenie und er Ende seiner 20er.

Ich nahm daher die ganze Konfirmationssache sehr ernst, obwohl ich dann auf meine Weise rebellierte. Mein Bruder fragte mich immer, wie denn Gott für mich aussähe – und sagte, man könne nicht glauben, ohne ein konkretes Bild vor Augen. Daher weigerte ich mich, ein Konfirmationsspruch aus der Bibel zu wählen – ich wollte etwas, das zu mir passt und das meine Ansicht repräsentierte. Ich hatte kurz zuvor den Roman „Das Geheimnis der weißen Mönche“ von Rainer M. Schröder gelesen und dort meinen Spruch gefunden. Ich bin meinem Pastor so dankbar, dass er nicht einfach abgelehnt hat, sondern sagte, ich solle ihm den Spruch nennen und ihn überzeugen, warum das der richtige Spruch sei. Mein Konfirmationsspruch lautete also:

Zum Glauben gehört eben immer auch das Ringen mit Gott, dem unfassbaren, scheinbar stummen, schattenhaften Gott. Denn wäre Gott für uns Menschen zu fassen oder zu erklären, so wäre er nicht Gott, sondern bestenfalls ein billiger Götze.

Rainer M. Schröder, „Das Geheimnis der weißen Mönche“

Nach meiner Konfirmation trug ich lange mein silbernes Kreuz (ich bekam ein goldenes Kreuz von meiner Patentante geschenkt, dass ich als echtes Mondkind in Silber umtauschen musste). Grundsätzlich fehlte mir aber immer etwas im christlichen Glauben und ich fühlte mich nie ganz zu Hause. Ich war an Hexenverfolgung und den geschichtlichen Hergängen interessiert, war froh, dass meine Eltern wenigstens evangelisch waren, denn ich verstehe bis heute nicht, warum Frauen in der katholischen Kirche scheinbar klein gehalten werden. Ich verstehe heute, dass ich das nur für mich beurteilen kann, dass ich es nicht akzeptieren kann – für andere aber aus ganz persönlichen Gründen ein Austritt eben keine Option ist.

Ich fühlte mich also zeitgleich wohl mit der Kirche heute als auch wütend auf die Ansichten der Kirche in der Vergangenheit. Zeitgleich fehlte mir etwas, was ich nicht näher definieren konnte. Als ich dann nach Hannover zum Studieren zog, fand ich mich immer öfter in einer auf Spiritualität und Glauben ausgerichteten Bücherei wieder. Irgendwann kam dann ein Buch über Wicca mit nach Hause. Und beim Durchlesen fühlte ich mich, als käme ich nach Hause. Mein Altar änderte sich in der Folge optisch ein wenig, ich richtete ihn mehr auf die weibliche Energie aus und stattete ihn mit Pentagrammen aus. Auch das Kreuz um meinen Hals wich dann für Jahre einem Pentagramm.

Photo by Viva Luna Studios on Unsplash

Wenn ich auf die folgenden Jahre zurückblicke, verstehe ich meinen Bruder bei seinem Prozess viel besser. Denn wenn man anfängt sich abzunabeln, dann beginnt man erst einmal damit, sich vom Alten zu distanzieren. Die ersten Bücher, die ich über Wicca las, waren auch sehr negativ gegenüber der christlichen Religion – was ich heute als absolut unpassend empfinde, da Wicca eine der positivsten Religionen im Umgang mit anderen Religionen sein sollte. Meinem Ich in den 20ern kam dieser Ton aber gerade recht, obwohl ich wohl auch bemerkte, dass bei historischen Fakten oftmals dazu gedichtet oder übertrieben wurde. Für einige Jahre trat ich dann aus der Kirche aus (weil auf dem Standesamt auch keiner etwas über die Möglichkeit der Umpfarrung erzählt, dann wäre meine Entscheidung vermutlich damals schon eine andere gewesen).

Mein heutiges Ich ist viel versöhnlicher – ich bin vor Geburt meines ersten Sohnes wieder in die Kirche eingetreten, habe mich aber umpfarren lassen – d.h. egal, wohin ich gehe, meine Kirchensteuer geht an meine Heimatgemeinde. Dort fühle ich mich zu Hause – vom Ort und von den Menschen her. Auf Facebook bin ich Wicca – in Amerika eine anerkannte Religion und meinen eigenen Überzeugungen in so vielen Teilen vermutlich ähnlich, dass ich mich wahrscheinlich tatsächlich als Wicca bezeichnen kann. Tatsächlich nenne ich mich selbst aber Hexe – Wicca muss man länger erklären als Hexe, da können sich die Leute was drunter vorstellen (und manchmal sind damit auch Nachfragen vom Tisch). Zusätzlich ist Hexe wiederum mehr, als nur eine Religionsbezeichnung. Ich glaube, dass im Grunde alle Religionen (auch Atheismus) die große Wahrheit nur von einer anderen Seite beleuchten und wir im Kern einander respektieren und annehmen sollten – das ist der wirklich wahre Sinn des Lebens, dies zu lernen ohne anderen die eigenen Überzeugungen überstülpen zu wollen.

Und da schließt sich der Kreis zur Esoterik – den Begriff betrachte ich skeptisch. Klar, Bücher über Hexenkunst finden sich in der Esoterik- Ecke. Esoterik bedeutet ja, dass ein Wissen nur einem inneren Personenkreis zugänglich ist – und damit öffnet der Begriff Tür und Tor für alle möglichen „Seelenfänger“, die Menschen gezielt von ihren Lehren abhängig machen. Schon immer war mir klar – meinen Weg kann ich nur allein gestalten, es gibt hier und da Menschen oder Seelen, die mich wieder in die Spur bringen – aber ich treffe die Entscheidungen und muss die Erkenntnisse erlangen. Und nicht einem Guru immer wieder Geld zahlen, damit er mir die Karte für das nächste Wegstück mitgibt. Von daher bin ich froh, wenn die Freunde, denen ich über einen Verlust oder eine Trennung hinweg geholfen habe, irgendwann wieder vergessen und weiter ziehen – dann weiß ich, ich habe alles richtig gemacht.

So begreife ich dann auch alternative Medizin nicht als tatsächliche Alternative – die Begegnung mit dem Buddhismus hat mir verinnerlicht, dass es immer auf das richtige Maß ankommt. Normale Erkältung – kann ich mit zum Arzt, muss aber nicht unbedingt. Krank – ab zum Arzt, Medikamente geben lassen – mein Kräuter Wissen kann ich dann als Ergänzung nutzen. Schulmedizin und Naturmedizin sollten mehr miteinander arbeiten und sich nicht als Entweder/ Oder ausschließen. Und so möchte ich auch nicht in den Sumpf der Corona- Leugner mit einbezogen werden – ich stehe gerade da und bin erschüttert, wie viele meiner „alternativen“ Freunde gerade völlig assoziales Verhalten an den Tag legen. „Die Maske schützt andere, nicht mich? – Dann brauche ich sie ja nicht tragen. „ Mir fehlt dafür jegliches Verständnis- klar ist ein Schnutenpulli unangenehm, aber wenn die derzeitige Erkenntnis dies als beste Maßnahme erachtet, dann ist es derzeit einfach angebracht, mit dem Tragen der Maske seine Solidarität zu zeigen.

Ich derweil freue mich, dass Mutter Natur uns mal auf unsere Zimmer geschickt hat zum Nachdenken. Und das wir so viele Wissenschaftler und mutige Entscheidungsträger haben, so dass die Pandemie effektiv eingedämmt werden kann. Eines der Hexengesetze lautet nämlich: „Wende Dein Wissen weise an“.

Man darf anderer Meinung sein – aber wenn diese Meinung gefährlich für andere ist, eckt man damit eben an. Meinungsfreiheit bedeutet, seine Meinung aussprechen zu dürfen – nicht, dass diese auch von allen bestätigt werden muss. Und – es gibt keine alternativen Fakten. Sehr schön hat das Mailab hier erklärt (und ich fasse auch nicht, dass ich ein Video teile, für das der Wendler Inspiration war).

Meinungsfreiheit – gut erklärt 🙂

Was kann ich am Ende eines so langen Eintrags über mich noch sagen. Vielen Dank an alle, die bis hierher gelesen haben. So viel geschrieben und gefühlt noch so wenig erzählt – ich denke, hier wird noch mehr folgen. Habt Ihr Fragen oder Wünsche, über welchen Aspekt ich genau schreiben soll? Bleibt alle gesund und macht das beste aus dem kosmischen Hausarrest 😉

In diesem Sinne, be blessed, Keya

* Nein, ich halte mich nicht für „praktisch perfekt in jeder Hinsicht“ (eher oft genau das Gegenteil) – aber ich fühle mich genauso unnahbar wie die von Julie Andrews so wundervoll porträtierte Mary Poppins aus dem Jahr 1964. Und irgendwie war es in den letzten Jahren oft meine Aufgabe, Menschen wieder auf die Spur zu bringen und Ihnen dann nachzusehen, während sie mich vergessen.

4 thoughts on “Freifliegend – über mich

  1. Sehr schöner Text und an vielen Stellen genau auf meiner Linie 🙂 besonders, dass du deinen Frieden mit dem Christentum (der Religion deiner Kindheit) geschlossen hast und die Kirche als Ort der Gemeinde siehst, finde ich spitze. Das sehe ich ganz ähnlich – Christentum ist ja nicht nur abgetrennte Religion sondern auch Tradition und für viele von uns hier in Deutschland vor allem Gemeinschaft der Kindheit. Bei uns im Dorf bin ich wohl die Einzige, die sich in Richtung Wicca interessiert. Deshalb will ich aber nicht auf die Weihnachtsmesse verzichten oder zum Beispiel meine Oma vor den Kopf stoßen. Das was ich an der Kirche bei uns im Dorf so schätze, ist ja eben die gelebte Tradition – viele christliche Feiertage und Bräuche sind ja ganz nah dran am heidnischen Jahreskreis. Und gemeinsam macht Allerheiligen, Weihnachten, Lichtmess, Ostern und Maria Himmelfahrt einfach mehr Spaß. Welche Gedanken ich mir dazu mache, oder womit ich diese Feste assoziiere muss ich ja auch nicht unbedingt jedem unter die Nase reiben 😉
    Ich freue mich auf weitere Beiträge von dir!

    1. Ich danke Dir für Deinen lieben Kommentar. Wir haben das Glück, das bei uns in der Gemeinde auf unseren sehr progressiven Pastor eine sehr junge Nachfolgerin haben. Leider fällt ja gerade alles durch die Coronakrise aus, der erste Kindergottesdienst war aber sehr schön (davor war sie leider in Elternzeit, alles etwas unglücklich). Ein paar Orte weiter sind Steffi und Ellen von Anders Amen (https://www.youtube.com/c/AndersAmen) Pastorinnen. Ich finde das toll, wie sich Kirche bewegt – aber auch gruselig, wie viel Schatten da noch ist, gerade wenn man so manche Kommentare gerade bei Steffi und Ellen auf dem Kanal liest.
      Ich stelle mir manchmal vor, wie der liebe Gott den Kopf schüttelt und sich denkt „Das war doch anders gemeint“ 🤷🏼‍♀️.
      Über Halloween/ Samhain habe ich einen weiteren Artikel in Arbeit, da kochen hier nämlich ab und an die Gemüter hoch, weil einige es als „Martinstagersatz“ verstehen und nun um das christliche Abendland besorgt sind (wobei natürlich rechte Fraktion das ganze noch befeuern). Manchmal glaubt man nicht, dass wir schon 2020 haben – lass uns positiv dagegenhalten und Verständigung vorleben 🙂

      1. Toleranz und Verständigung – Definitiv! Über diese angebliche Sorge ums christliche Abendland kann man nur den Kopf schütteln. Besonders rechten Gruppierungen gehen christliche Werte doch vollkommen ab 😅
        Es lebe die Multi-Kulti-Religioni-Nächstenliebe ❤️

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